Österliche Ausstellung à la Frivolité



Ursula Dittmar, Klaus Keßler, Nadine Dittmar und Marlies Keßler (v.l.) mit einigen der Arbeiten. Foto: GerdauUrsula Dittmar verziert Eier in einer alten Handarbeitstechnik – Sonderausstellung im Lindenhofmuseum in Streitberg

BRACHTTAL (al). Passend zur Osterzeit präsentiert das Lindenhofmuseum Streitberg in seiner Frühlingsausstellung „Occhi – Schiffchenspitze – Frivolité“ kunsthandwerkliche Arbeiten von Ursula Dittmar. Mehr als 100 Ostereier, überzogen mit Occhi-Spitzen oder -Blüten, Deckchen, Anhänger und Applikationen erfreuen das Auge der Besucher vom morgigen Sonntag, 1. April, an.

 

„Es sind nur zwei Knoten“, erklärt die Künstlerin aus Baunatal das Prinzip dieser Knüpftechnik mit Hilfe von Schiffchen. Occhi (Italienisch: Auge), Schiffchenspitze oder Frivolité sind die Namen dieser alten Handarbeitstechnik, deren Ursprung vermutlich in China liegt. Einst eine schöne Handarbeit der Damen aus der Oberschicht, war Occhi fast in Vergessenheit geraten. In den Siebziger Jahren erlangte es wieder eine gewisse Bekanntheit. Auch Ursula Dittmar, die aus der Neuenschmidtener Familie Löwe stammt, entdeckte es in dieser Zeit. „Es war mal was Anderes“, erzählt sie und vollführt eine elegante Handbewegung mit ihrem Schiffchen, das sie stets bei sich trägt. Ursula Dittmar arbeitete seit 1970 in Frankfurt und begann dort die Handarbeitsgeschäfte zu besuchen. Sie fand zwar die Materialien, aber keinen Lehrer. „So habe ich es mir selbst beigebracht“, berichtet Dittmar. „Allerdings gingen die ersten Knötchen zunächst immer wieder auf.“ Die Rettung nahte mit der Oma einer Kollegin, die noch eine gute Anleitung zu Hause hatte. Bald hatte Dittmar den Dreh mit den bestimmten Fingerbewegungen heraus und wagte sich an ihr erstes Projekt, ein Deckchen. Was Dittmar gestaltet, behält sie oder verschenkt sie. „Ich verkaufe eher ungern“, betont sie.

 

Die Idee, einen Osterstrauch mit Spitzen überzogenen Eiern von Hühnern, Gänsen oder Vogelstrauße zu machen, hatte sie schon 1992. Sohn Sandro waren die einfarbigen Spitzen allerdings zu langweilig und animierte seine Mutter zu bunten Applikationen mit Hasen, Nestern und Schmetterlingen. Kreatives Occhi nennt sich das dann. Zwischen fünf und 25 Stunden ist Ursula Dittmar mit einem solchen Kunstwerk beschäftigt. Auch ihre Tochter Nadine beherrscht die Technik inzwischen. Beide Kinder helfen auch bei Ausstellungen der Mutter.

Parallel zu ihrer Sammlung an seltenen Occhi- Büchern und Broschüren entstand auch eine Kollektion vieler Schiffchen aus aller Welt und aus den unterschiedlichsten Materialien. Im Privatmuseum der Eheleute Marlies und Klaus-Dietrich Keßler sind mehr als 200 Arbeitsschiffchen zu bestaunen, darunter Exemplare des 19. Und 20. Jahrhunderts aus Messing, Kupfer, Silber, Bein, Bernstein, Schellack, Schildpatt, Elfenbein oder aus Kunststoff. Sogar ein Schiffchen aus Sollnhofener Platte mit Fossil ist dabei. Für Keßlers ist die Sonderschau ein „richtiges Vergnügen“. Klaus-Dietrich Keßler offenbarte, dass er eine sehr persönliche Occhi-Beziehung habe. Als er im Alter von sieben Jahren 1942 aus Frankfurt zu Tante und Onkel nach Eberbach am Neckar verschickt wurde, lernte er dort „Oma Johanna“ kennen, die ihr Leben lang beruflich Handarbeiten machte und damit auch ihre Kinder alleine durchbrachte. Keßler machte Dittmar ein weiteres Elfenbein-Schiffchen aus der Biedermeier-Zeit zum Geschenk.

Ursula Dittmar, die die Occhi-Technik auch unterrichtet und internationale Kontakte zu anderen Occhi-Künstlern pflegt, wird bei der Ausstellungseröffnung am morgigen Sonntag um 14 Uhr präsent sein. Gerne ist sie auch bereit, interessierten Besuchern ihr Können zu demonstrieren. Bis Ende April 2012 ist diese Sonderausstellung im Lindenhofmuseum, Lindenstraße 2 in Streitberg, noch zu sehen. Außerhalb der regulären Öffnungszeit an jedem ersten Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr sind auch Besichtigungstermine nach Vereinbarung möglich (Telefon 06054/6714 oder E- Mail info@ lindenhof-museum.de).

Quelle: Gelnhäuser Tageblatt 31.03.2012