Einblick in ein Stück heile Welt



Klaus-Dietrich Keßler zeigt Musterbeispiele vom Wirken Ursula Fescas.Leben und Wirken der, Designerin Ursula Fesca in Schlierbach.

Brachttal-Schlier­hach (dl). Ihren eigenen Stil konnte Ursula Fesca während ihrer Tätigkeit in der Waech­tersbacher Steingutfabrik in den zwei Schaffensperioden von 1931 bis 1939 und von 1947 bis 1965 entwickeln. Be­sonders nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Menschen ein Stück heile Welt suchten, traf sie mit ihren folkloristi­schen hübsch betulichen" De­kors den Zeitgeschmack. Der Sammler und Gründer des Lin­denhof Keramik-Museums in Streitberg, Klaus Dietrich Keßler, referierte über Leben und Werk der Künstlerin vor dem im Raum des Waechters­bacher Werksverkaufs versammelten fachkundigen Pu­blikum.

Keßler nahm einen aktuel­len Fund bisher unbekannter Entwurfzeichnungen Ursula Fescas zum Anlass, das noch nicht sehr intensiv erforschte Wirken der Designerin für die Keramikfabrik anhand der auf­gefundenen Materialien und mit weiteren Mustern und Bil­dern etwas gründlicher Vorzu­stellen. Keßler wollte damit ei­nen Anstoß geben, die Samm­ler aus Brachttal und Umgebung für die Erforschung der Formen und Dekore stär­ker zu gewinnen, aber auch die heimischen Haushalte, in de­nen noch häufig Fesca-Kerami­ken aller Art zu finden sind, für das Thema zu interessieren. Mit dem Auftakt für eine Reihe weiterer Vorträge will die Arbeitsgemeinschaft Stein­gut die Erinnerung an das gro­ße Erbe aus der aktiven Zeit der Wächtersbacher Fabrik le­bendig, und das am Ort vorhan­dene Know-how, sowie die überall noch auffindbaren Be­lege für die Nachwelt erhalten, erklärte Eberhard Traum die Zielsetzung der Arbeitsgemein­schaft. Auch die Statthalte­rin' des alten Industriestand- Ortes, Silke Tiemann, freute sich über das große Interesse - gerade auch, bei den Samm­lern die nahezu vollständig vertreten waren.

Solange die Spuren noch nicht verwischt sind, soll die komplexe Geschichte der Kera­mikfabrik weiter erforscht werden so möchte Keßler das Weiterleben des kulturellen Erbes für Brachttal sicherstel­len. Eine Frau hat lange Zeit künstlerisch mitbestimmt, was in der Fabrik produziert wur­de. Die am 1. März 1900 in Sachsen geborene und in Dresden und Berlin ausgebildete Designerin Ursula Fesca hat gerade in ihren jetzt aufgefun­denen Entwurfzeichnung aus­gedrückt, wie groß in Kriegs­zeiten die Sehnsucht der Menschen nach Geborgenheit und Stabilität war. Das Hessen ­Pärchen zierte unzählige Teller und andere Gebrauchsgegen­stände aus der Keramikfabrik und muss gerade in den Jahren nach Ende des Zweiten Welt­kriegs ein riesiger Erfolg gewe­sen sein. Erst in den 1960er Jahren wurde die Produktion von Keramiken mit diesem De­kor eingestellt. Auch die tech­nische Entwicklung in der Fer­tigung lässt sich so vom hand­gemalten Teller bis zu den mit Schiebebildern sowie wahr­scheinlich im Siebdruckverfah­ren hergestellten späten Stü­cken nachvollziehen. Die Dar­stellung hat sich in der langen Produktionszeit dieses Ent­wurfs kaum verändert, nur die Dekorationsverfahren wurden abgewandelt.

Nun soll nicht der Eindruck erweckt werden, dass sich das Lebenswerk Fescas auf diesen Entwurf reduzieren lässt, vielmehr wurde es von Keßler beispielhaft angeführt und mit Mustern belegt. Ursula Fesca ist eine unendliche Geschichte, urteilte der Referent und Verglich ihre Produktion mit einem Meer. Vielfältig künstlerisch engagiert hat sich Fesca, mit ihrem altersbedingten Ausscheiden aus der
Fabrik im Jahre 1965 noch mit ihrem Tod am 9. Juni 1975 ist auch ihr  geistiges Erbe ver­schwunden dem Verwal­tungsgebäude, das Ursula Fesca bewohnte und das heute un­ter Denkmalschutz steht, kann man noch weitere „Schätze" heben, sind noch Musterbü­cher, Druckplatten und Entwurfszeichnungen zu entdecken, schlummern in den Archiven noch historische Keramiken, Entwürfe von Ur­sula Fesca aus den 50er und 60er Jahren.

Quelle: Gelnhäuser Neue Zeitung 10.12.2012