Waechtersbacher Keramik im Futtersilo



Lindenhofmuseum feiert Erweiterung - Großes Fest in der Streitberger Hofreite - Künstlerisch wertvolles Steingut

Schlierbacher Keramikexperte Karl Käding (rechts) weiß, was Familie Keßlers Herz begehrt, Bild: SchäferBRACHTTAL (an). Mit dein Allerneuesten, was die Waechtersbacher Keramik, zu bieten hat, wartete gestern Michaela Meiser, die Pressereferentin des Unternehmens auf: Sie überreichte Klaus und Marlies Keßler beim Fest ihrer Museumserweiterung ein Meisterglasur-Service in der neu entwickelten Farbe "Phönix", die dem legendären Waechtersbacher-Kirschrot sehr nahe kommt. Doch in der Hauptsache ging es gestern um altes, sehr altes. Geschirr aus der Steingutfabrik.

Vor knapp fünf Jahren eröffneten die Keßlers in der umgebauten Scheune ihr privates Lindenhofmuseum, das Waechtershacher Keramik seit der Gründung der Fabrik vor 176 Jahren ausstellt. Doch dieser Platz reicht bei weitem nicht für ihre umfangreiche Sammlung. Und so wurde auch noch das benachbarte ehemalige Futtersilo für Museumszwecke umgebaut. Gestern, an Klaus Keßlers 73. Geburtstag. wurde die offizielle Einweihung gefeiert. Rund 100 Gäste folgten dem Ruf, viele hatten Geschenke dabei, viel Keramik war darunter. Und weil in dein Silo als Schwerpunkt Waechtersbacher aus den 20-er bis frühen 50-er Jahren gezeigt wird, spielten und sangen Lothar Müller und Hans-Jürgen Weismantel vom "Ensemble de Bracht" passend dazu Schlager und Seemannslieder aus jener Zeit.

Beim Einräumen des neuen Museumsteils, sagte Klaus Keßler in seiner Ansprache, sei ein Teil seiner eigenen Vergangenheit wieder lebendig geworden. auch die weniger erfreulichen Erinnerungen wie die Bombennächte in seiner Geburtsstadt Frankfurt am Main. Art deco sei in den 20-er Jahren der vorherrschende Stil gewesen, in der Schlierbacher Keramikfabrik entwickelte man dazu ein eigenes, Verfahren des Spritzdekors. In den wirtschaftlich schweren Umfeld habe dir Fabrik 1928 die Kunstabteilung geschlossen, doch schon 1931 nahm in der Waechtersbacher Keramik eine neue tonangebende Designerin ihre Arbeit auf, die aus Dessau den Bauhaus-Stil mitbrachte: Ursula Fesca. Auch der Einnuss der Frankfurter Malerschule habe sich niedergeschlagen. Die Kehrseite der Medaille seien völkische Tendenzen seit Mitte der 30-er Jahre gewesen, die sich auch in der Fabrikproduktion niedergeschlagen habe, sogar eine Hitlerbüste habe die Fabrik angefertigt.

Klaus Keßler eröffnete neben dem Museum auch eine Gemäldeausstellung. Die Hosenfelder Künstlerin Ingrid Hoeft zeigt den Sommer über im Museum zehn Gemälde, die eine Auswahl ihres Schaffens darstellen. Abschließend wies Keßler darauf hin, dass am 1. Juni im Brachttalmuseum im Nachbardorf Spielberg eine "großartige Ausstellung" mit Keramiken des Jugendstilkünstlers Professor Joseph Maria Olbrich eröffnet wird.

Kreisbeigeordnete Sigrid Schindler überbrachte die Grüße und einen Scheck des Landrats. Sie selbst sei ja auch mit der Leidenschaft befallen, Waechtersbacher Keramik zu sammeln und habe als Kind Uraula Fesca kennen gelernt. Für den Brachttaler Gemeindevorstand gratulierte Beigeordnete Daniela Glöckner, und Michaela Meiser lobte im Namen der Keramik-Geschäftsleitung - Turpin Rosenthal und Rainer Mann - das Engagement der Familie Keßler. Kunsthistoriker Pascal Heß wies daraufhin, dass am 2. Juli um 19 Uhr im Museum für darstellende Kunst in Frankfurt eine Waechtershacher-Ausstellung eröffnet wird. Zum Abschluss dieses offiziellen Teils verlas der Hellsteiner Hobbyhistoriker Volker Kirchner einen Brief Ursula Fescas.

Quelle: Gelnhäuser Neue Zeitung 23.05.2008

Aktualisiert (Freitag, den 24. September 2010 um 14:04 Uhr)